Bauzinsen rauf, Immobilienpreise runter
Womit Käuferinnen und Käufer jetzt rechnen sollten
Kaum war im letzten Jahr eine Immobilienanzeige online, standen die Kaufinteressenten Schlange. Nach spätestens zwei Wochen war das Objekt vom Markt. Heute dauert es dagegen manchmal Wochen, bis sich ein Käufer findet.
Der Markt hat sich gedreht, denn durch die gestiegenen Bauzinsen, die hohen Energiepreise und die allgemeine Teuerung sind Kaufinteressenten vorsichtiger geworden. Viele, die ein Haus oder eine Wohnung kaufen wollten, haben ihren Wunsch vorerst zurückgestellt. Und das gilt nicht nur für Bestandsimmobilien. Laut dem "Handelsblatt" berichten einige Kommunen zum Beispiel, dass Privatleute zugesagte und bereits erschlossene Grundstücke wieder zurückgeben. Denn oft machen Städte und Gemeinden den Grundstückskäufern die Auflage, dass innerhalb von zwei bis fünf Jahren gebaut werden muss. Das ist vielen beim aktuellen Handwerkermangel und den gestiegenen Preisen und Lieferengpässen für Baumaterialien zu riskant.
Verhandeln lohnt sich wieder
Das Online-Portal Immoscout24 berichtet von 36 Prozent weniger Nachfrage nach dort gelisteten Immobilien im zweiten Quartal 2022. Demgegenüber sind die dort angebotenen Objekte aber um 46 Prozent gestiegen. Und da Angebot und Nachfrage bekanntlich den Preis regeln, dürfte es mit den weiter steigenden Immobilienpreisen erstmal vorbei sein. Im Gegenteil: Vielerorts müssen sich Immobilienverkäufer von ihren aktuellen Preisvorstellungen verabschieden. Erstmals seit langem haben potenzielle Käufer gute Chancen, den Preis nach unten zu verhandeln. Das kann sich lohnen, denn nicht selten werden die Objekt unter dem geforderten Angebotspreis verkauft. Das war vor einem Jahr noch unvorstellbar.
Teure Kreditraten
Ein weiterer Grund für die fallenden Immobilienpreise sind die gestiegenen Bauzinsen. Viele, die sich im vergangenen Jahr aufgrund der niedrigen Zinsen noch ein Haus oder eine Wohnung hätten kaufen können, bekommen heute schwieriger eine Finanzierung. Die Zinsen haben sich seit Jahresbeginn mehr als verdreifacht. Dementsprechend hoch sind auch die an die Bank zu zahlenden monatlichen Raten. Das belastet die Haushaltsrechnung spürbar, und wer im letzten Jahr den Haushaltscheck durch die Bank noch bestand, läuft heute Gefahr durchzufallen.
Teilweise strengere Vergabekriterien
Bei der Kreditvergabe spielt auch die gestiegene Inflation eine Rolle. So haben einige Banken Ihre Anforderungen nach oben geschraubt und setzen höhere Kosten für die Lebenshaltung, das Auto und die Bewirtschaftung der Immobilie an. Auch bestimmte Lebensphasen, wie Probe- oder Elternzeit werden kritischer beäugt, oder sind bereits von Anfang an Ausschlusskriterien für die Genehmigung. Die meisten Banken berichten aber, dass heute nicht weniger Kredite genehmigt würden als noch zu Zeiten extrem niedriger Zinsen. Allerdings brächten die Immobilienkäufer oft mehr Eigenkapital bei der Finanzierung mit, um so den Zinsanstieg abzufedern. Wichtigstes Vergabekriterium sei aber nach wie vor, dass sich die Darlehensnehmer die monatlichen Kreditraten auch langfristig sicher leisten könnten.
Zusammengefasst bedeutet das:
Der Traum von der eigenen Immobilie muss trotz gestiegener Zinsen nicht ausgeträumt sein. Wer über ein festes, sicheres monatliches Einkommen verfügt, bekommt in der Regel auch eine den monatlichen Einnahmen angemessene Finanzierung. Dabei sollte man als Käufer durchaus die veränderte Nachfrage am Markt im Auge behalten und die Chance der Kaufpreisverhandlung nutzen. Das gilt zwar nicht unbedingt in begehrten Innenstadtlagen, in den Randbereichen und im ländlichen Raum kann man hier aber durchaus einige tausend Euro wieder gut machen.