Kaufen oder warten?

Unsicherheit auf dem Immobilienmarkt

Seit Jahresbeginn haben sich die Zinsen für Immobilienkredite fast verdreifacht. Und einige Experten sehen das Ende der Fahnenstange für dieses Jahr noch nicht erreicht. Viele, die ein Haus oder eine Wohnung kaufen wollen, sind verunsichert.

 

Noch im letzten Jahr war der Run auf Immobilien riesig. Kaum war eine Immobilienanzeige geschaltet, gab es hunderte Kaufinteressenten. Viele Immobilienfinanzierungen scheiterten nicht daran, dass sich die potenziellen Käufer das Objekt nicht leisten konnten sondern weil sie beim Verkauf nicht zum Zug kamen. Doch das Blatt scheint sich langsam zu wenden. Zwar sind Nachfrage und Preise in Ballungsräumen noch immer extrem hoch, aber in den Randgebieten scheint sich das langsam zu ändern. Wer sein Haus oder seine Wohnung verkaufen will, versucht rauszuholen, was geht. Das war schon immer so. Die Preisvorstellungen vieler Verkäufer haben in den letzten Jahren bei Kaufinteressenten dementsprechend oft für Schnappatmung gesorgt. Doch die aufgerufenen Preise wurden gezahlt, teilweise lieferten sich Kaufinteressenten sogar eine Bieterschlacht. Mit dem Zinsanstieg der letzten Monate ändert sich das aber.


Käufer zahlen nicht mehr jeden Preis

Durch die Niedrigzinspolitik der EZB sind in den letzten Jahren nicht nur professionelle Anleger massenhaft in den Immobilienmarkt geflüchtet. Auch viele Privatanleger wollten vom Immobilienboom profitieren und kauften Anlageobjekte zum Teil ohne einen Cent Eigenkapital. Durch die extrem günstigen Zinsen haben sich die Immobilien über die Miete meist zu 100 Prozent refinanziert. Auch der Traum von den eigenen vier Wänden war nicht mehr unerreichbar. Das eigene Haus oder die eigene Wohnung wurde auch für eine Vielzahl von Menschen erschwinglich, die sich früher kein eigenes Objekt leisten konnten. Denn die monatliche Kreditrate war oft günstiger als die Miete. Die Nachfrage stieg und stieg und mit ihr die Preise. Doch die seit Jahresbeginn stark steigenden Zinsen ändern das. Musste man vor einem Jahr bei einem Kredit von 500.000 Euro im Schnitt gerade mal gut 400 Euro monatlich an Zinsen zahlen, sind es heute in der Regel über 1000 Euro, die die Haushaltskasse belasten. Hinzu kommt noch die Tilgung. Ein Unterschied, den sich viele nicht mehr leisten können, der Traum von der eigenen Immobilie platzt. Hinzu kommt, dass die Banken bei der Kreditvergabe strenger werden und genau auf die finanziellen Möglichkeiten der potenziellen Darlehensnehmer schauen. Auch wer ganz ohne Eigenkapital kaufen möchte, hat es zunehmend schwerer einen Kredit zu bekommen.

 

Hohe Zinsen dämpfen Nachfrage

Bei der Immobilienfinanzierung zählten in der Vergangenheit nicht nur gute Konditionen, sondern auch Schnelligkeit. Denn viele Verkäufer haben dem Interessenten den Zuschlag gegeben, der zuerst eine sichere Finanzierung nachweisen konnte. Doch die Kunden sind immer weniger bereit, jeden Preis zu zahlen und sich unter Zeitdruck setzen zu lassen. Während noch vor einigen Monaten auch in ländlicheren Gebieten auf eine Immobilie dutzende Kaufinteressenten kamen, können Verkäufer jetzt nicht mehr damit rechnen, ihren Wunschpreis innerhalb kürzester Zeit zu erzielen. Und auch die aufgerufenen Kaufpreise scheinen nicht mehr in Stein gemeißelt, so dass Handeln durchaus wieder zum Erfolg führen kann.

 

Baustoffpreise auf Rekordhoch

Andererseits haben Coronakrise und Ukrainekrieg die Preise für Baumaterialien in die Höhe schnellen lassen. Vor allem Bauholz ist so teuer wie noch nie vorher. Zudem sind die Handwerksbetriebe überlastet und ein Neubau ist sowohl zeitlich als auch finanziell nur noch schwer planbar. Diese Situation lässt viele potenzielle HausbauerInnen vor dem Vorhaben zurückschrecken. Der defacto Stopp der Fördermaßnahmen durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau, KfW tut ihr übriges. Die unsichere Lage auf dem Wohnungsbaumarkt betrifft aber nicht nur private Bauvorhaben. Auch große Bauträger treten beim Neubau zunehmend auf die Bremse, da die derzeitige Lage mit oft unkalkulierbaren Risiken verbunden ist. Der fehlende Wohnraum erhöht zwar augenscheinlich den Druck auf den Mietmarkt, doch die Turbulenzen innerhalb der Branche sind unübersehbar. So haben große börsennotierte Immobilienunternehmen in den letzten Monaten ordentlich Federn gelassen, einige Aktien haben ihren Wert halbiert. Wie es aussieht, haben die Anleger das Vertrauen und die Zuversicht in weiter steigende Immobilienpreise verloren.

 

Jetzt noch kaufen?

Für potenzielle Käufer ist es derzeit schwierig, die richtige Entscheidung zu treffen. Historisch gesehen, befinden sich die Zinsen noch immer auf einem niedrigen Niveau. Im Vergleich zum Niedrigzins der letzten Jahre, ist die Immobilienfinanzierung aber dennoch deutlich teurer geworden. Ob fallende Kaufpreise diese Teuerung ausgleichen können, bleibt abzuwarten. Eine erste leichte Entspannung scheint aber in Sicht. Für alle, die den Traum vom Eigenheim nicht aufgeben möchten, gilt daher aus unserer Sicht: Wer sein Traumobjekt gefunden hat, sollte gerade jetzt unbedingt Finanzierungsangebote vergleichen und sich von einem unabhängigen Fachmann beraten lassen.

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Immobilienkauf in der Rente?